Wirkungsvolle Weiterbildungen sind ein soziales Erlebnis

Wirkungsvolle Weiterbildungen nutzen das Wissen und die vielseitigen Erfahrungen der Teilnehmenden. Ein Zulassungsverfahren kann sicherstellen, dass die Teilnehmenden nicht als Konsument:innen, sondern als Ko-Produzent:innen an der Weiterbildung teilnehmen.
Jürg Arpagaus

Das Grossartige an Weiterbildungen sind die Teilnehmenden mit ihren so unterschiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen. Weiterbildungen, die Raum für diese verschiedenen Perspektiven schaffen und in denen sich die Teilnehmenden auch aktiv einbringen, gehören für mich zu den interessantesten und lehrreichsten Weiterbildungen.

Voraussetzungen für Teilnehmende als Ko-Produzent:innen der Weiterbildung

Das setzt voraus, dass erstens eine Weiterbildung die vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen der Teilnehmenden anerkennt und nutzt und als konstitutives Element bereits bei der Entwicklung der Weiterbildung berücksichtigt. Zweitens müssen die Teilnehmenden sich ihrer aktiven Rolle in der Weiterbildung bewusst sein. Drittens müssen die Bildungsanbieter bei der Zulassung zu Weiterbildungen sicherstellen, dass Personen teilnehmen, die sich aktiv einbringen wollen. Diese drei Voraussetzungen können durch entsprechende Zugangsverfahren erreicht werden.

Zulassungen zu Weiterbildungen können neben dem Nachweis der formalen Zulassungsvoraussetzung (z.B. Lehrdiplom, Hochschulabschluss) auch Motivations- und/oder Empfehlungsschreiben sowie persönliche Aufnahmegespräche z.B. mit der Studiengangsleitung umfassen. Beim DAS Schulen leiten der PHBern wird vor dem Studiengang eine sogenannte Kompetenzbilanzierung durchgeführt, die den potenziellen Teilnehmenden u.a. zeigt, wo sie stehen und auch zu einer Selbstselektion führen kann.

Zugangsselektionen sind aufwändig, bieten aber Mehrwert

Für Weiterbildungsinteressierte sind Zugangsselektionen ambivalent. Einerseits muss bereits vor der Weiterbildung bereits Zeit und Energie investiert werden. Die Zulassungsstelle muss von der intrinsischen Motivation, vom Wert der eigenen Kompetenzen und Erfahrungen und vom Willen und der Fähigkeit, sich aktiv einzubringen, überzeugt werden. Die Arbeit für die Zugangsselektion trägt jedoch auch dazu bei, dass die Weiterbildung mit einem klaren Ziel besucht wird und die eigenen Kompetenzen und Gründe für den Besuch bereits zu Beginn klar sind. Zudem ist eine Zugangsselektion auch ein Garant dafür, dass von und mit den anderen Teilnehmenden viel gelernt werden kann.

Aktive Teilnehmende lernen voneinander

Der Wert des «von-den-anderen-Lernen» (Peer-Learning) darf nicht unterschätzt werden. Es sind nicht nur die unterschiedlichen Perspektiven, die einen sogenannten Diversitätsbonus generieren können, sondern auch der Transfer in die unterschiedlichen Berufspraktiken trägt zum vertieften Verständnis eines neuen Themas bei. Zudem regt Peer-Learning zum kritischen Denken an und festigt das bereits Gelernte.

In Weiterbildungen, welche die Ressourcen der Teilnehmenden und das Peer-Learning nutzen, übernehmen die Teilnehmenden auch mehr Verantwortung, sich proaktiv neues Wissen zu erschliessen und Kompetenzen aufzubauen. Das tun sie angeleitet von Dozierenden und im Austausch mit ihren Peers. Aktive Weiterbildungsteilnehmende sind somit nicht nur an der Konstruktion des eigenen Wissens und Könnens beteiligt, sondern auch ein wichtiger Teil des Lernprozesses von anderen Weiterbildungsteilnehmende.

Mit der Selektion bei der Zulassung insbesondere zu Weiterbildungslehrgängen versuchen die Anbieter:innen jene Personen aufzunehmen, die bereit und in der Lage sind, auch eine wichtige Rolle im Kompetenzerwerb ihrer Peers einzunehmen. Die diversen Erfahrungen und Kompetenzen der Teilnehmenden machen jede Weiterbildung zu einem unvergesslichen sozialen Erlebnis.

Der Beitrag gibt die Sicht der Autorin bzw. des Autors wieder.
Jürg Arpagaus ist Leiter des Instituts für Weiterbildung und Dienstleistungen der Pädagogischen Hochschule PHBern.

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