Weiterbildung ist ein kosteneffektiver Ansatz, um dem Lehrpersonenmangel zu begegnen
In der Schweiz mangelt es zurzeit an praktizierenden Lehrpersonen mit einem anerkannten Lehrdiplom. Der Lehrberuf ist in der Schweiz ein regulierter Beruf. Das heisst, dem Staat wurde die Verantwortung übertragen, qualifiziertes Lehrpersonal einzusetzen. Mit dem durch die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) erlassenen Reglement über die Anerkennung von Lehrdiplomen wird die Qualität und die Eignung der Personen mit einem EDK-Lehrdiplom garantiert.
"Quality matters!"
Die im Schweizer Bildungssystem aktuell fehlenden Volksschullehrpersonen mit einem EDK-Diplom werden zurzeit mit dem Einsatz von Unterrichtenden ohne adäquate pädagogische Ausbildung substituiert. Das ist problematisch, denn der Leistungszuwachs der Schülerinnen und Schüler hängt auch mit der „Qualität“, d.h. der Ausbildung und Erfahrung der Lehrpersonen zusammen (vgl. z.B. Bildungsbericht 2023; Enzi, 2017; Hanushek, 2019).
Was tun gegen den Lehrpersonenmangel?
Vielversprechende Ansätze, dem Lehrpersonenmangel zu begegnen, finden sich beispielsweise im Bereich der Weiterentwicklung der traditionellen Schulorganisation, wie Martin Schäfer hier auf diesem Blog gezeigt hat.
Ein zu wenig beachteter Ansatz ist aus meiner Sicht der Weg über ein Mehr an Weiterbildung für Lehrpersonen. Studien zeigen: Lehrpersonen, die mehr in ihre Weiterbildung investieren, haben eine höhere Verweildauer im Beruf. Van den Brande und Zuccollo (2021) haben beispielsweise jüngst für England gezeigt, dass mit einer Ausdehnung der Weiterbildungstätigkeiten der Lehrpersonen rund 12’000 mehr Lehrpersonen im System wären. Das sind viermal mehr als aktuell jährlich in England fehlen.
Dank Weiterbildung bleiben Lehrpersonen länger und zufriedener im Lehrberuf
Weiterbildungen führen dazu, dass das Wohlbefinden und die Motivation von Lehrpersonen steigen, womit die Kündigungswahrscheinlichkeit sinkt. Lehrpersonen erhalten in Weiterbildungen nicht nur Sicherheit in ihrem professionellen Handeln, sie erhalten auch (soziale) Bestätigung für ihre (Weiterbildungs-)Leistungen. Zudem sind Weiterbildungen auch professionsspezifische Investitionen an Zeit, Anstrengung und Geld. Diese Investitionen wären bei einem Berufswechsel verloren und werden als sogenannte «Sunk Costs» empfunden. Wie wir aus der Alltagserfahrung wissen, schmerzen Verluste mehr als Gewinne (vgl. auch Kahnemann & Tversky (1979)).
Schliesslich erhöht die längere Verweildauer auch die Berufserfahrung und mit ihr die Kompetenzen einer Lehrperson, was sich positiv auf die Unterrichtsqualität auswirkt. Die höhere Unterrichtsqualität kommt letztlich allen Schülerinnen und Schülern zugute. Van den Brande und Zuccollo (2021) fassen diese Effekte folgendermassen zusammen:
Obwohl es vielleicht beim akuten Lehrpersonenmangel kontraintuitiv scheint, die Lehrpersonen zu mehr Weiterbildungen zu motivieren, ist genau das ein vielversprechender Ansatz dem Mangel entgegenzuwirken. Denn ein Mehr an Weiterbildung für die Lehrpersonen sichert nicht nur die Menge an Lehrpersonen im Bildungssystem, sondern erhöht auch die Unterrichtsqualität und damit den Kompetenzzuwachs aller Schülerinnen und Schüler.