Spielen als Schlüssel zum Lernen – warum das Spiel im Zyklus 1 unverzichtbar ist

Spielen ist für Kinder eine zentrale Lernform: Sie entdecken die Welt, üben Kommunikation, lernen sich an Regeln zu halten und bauen Beziehungen auf. Gerade im Zyklus 1 schafft das Spiel Lerngelegenheiten, die kein Arbeitsblatt ersetzen kann.

Spielen ist die Haupttätigkeit junger Kinder. Diese Aussage klingt selbstverständlich – und doch wird das Spiel im Schulkontext oft als Zusatz oder gar als Belohnung verstanden. Dabei ist Spiel keineswegs nur Freizeit oder Zeitvertreib, sondern eine elementare Form des Lernens. Es bildet die Grundlage für kognitive, emotionale, soziale und motorische Entwicklungsprozesse und ist damit weit mehr als eine beiläufige Tätigkeit (Lieger & Weidinger, 2021).

Spielen als Lernform

Kinder lernen im Spiel, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie konstruieren Wissen aktiv, indem sie Materialien erproben, Rollen übernehmen, Regeln aushandeln oder Strategien entwickeln (Hauser, 2016). Die Spielpädagogik spricht hier von einer natürlichen Lernumgebung, in der Motivation und Engagement intrinsisch entstehen.

Die Forschung zeigt deutlich: Im Spiel werden nicht nur kognitive Fähigkeiten wie Problemlösen, Sprachentwicklung oder räumliches Denken gefördert. Auch Selbstregulation, Empathie und Frustrationstoleranz entwickeln sich – Kompetenzen, die für schulischen Erfolg und soziale Integration von entscheidender Bedeutung sind.

"Kinder lernen im Spiel, ohne sich dessen bewusst zu sein."​
B. Hauser (2016)

Mit Spielen Beziehungen aufbauen und stärken

Ein zentraler Aspekt des Spiels im Zyklus 1 ist die Beziehungsebene. Kinder knüpfen im Spiel Kontakte, probieren soziale Rollen aus und entwickeln Vertrauen. Für Lehrpersonen bietet das Spiel einen direkten Zugang zu den Kindern. Eine gute Bindung ist eine wesentliche Voraussetzung für die freie spielerische Exploration der Kinder und für ein gelingendes Spiel. Beziehungen werden nicht nur im Spiel sichtbar, sondern auch durch das Spiel gestärkt. «Nur ein Kind, dass sich körperlich wohl, psychisch sicher und sozial zugehörig fühlt, ist motiviert und hält es aus, sich ausprobierend spielerisch zu entfalten und den nächsten Schritt in die noch unbekannte Entwicklung zu tun.» (Lehmhaus & Reiffen-Züger, 2025)

Praxisbeispiele für den Unterricht

  • Anlaute üben (Im Beispiel der Buchstabe A)
    Die Kinder arbeiten in Zweierteams. Kind A bekommt ein Bild (z.B. Affe) gezeigt und zeichnet es, während Kind B raten muss. Wer richtig liegt, darf aufstehen. Sobald mehrere Kinder stehen, wird das Rätsel gemeinsam aufgelöst. Dann werden die Rollen getauscht.
  • Bewegungs-Memory
    Zwei Kinder verlassen den Raum. Die Klasse bildet Teams, die je eine Bewegung erfinden. Zurück im Klassenzimmer rufen die beiden ein Kind auf, das seine Bewegung vormacht. Nun gilt es, die passenden Paare zu entdecken. Alternativ können auch Buchstaben, Farben oder Geräusche eingesetzt werden.
  • Die „Rote Zora“
    Ein Kind übernimmt unauffällig die Rolle der «Roten Zora» und verändert immer wieder Bewegungen oder Haltungen, die die anderen sofort nachahmen. Zwei Kinder müssen herausfinden, wer die «Rote Zora» ist.

Unterstützung durch die PH Bern

Alle Kursangebote zum Thema finden Sie in der Weiterbildungssuche der PHBern. 

Literatur

  • Hauser, B. (2016). Spielen: Frühes Lernen in Familie, Krippe und Kindergarten. Stuttgart: Kohlhammer.

  • Lieger, C. & Weidinger, W. (2021). Spielen Plus. Ein Handbuch für Kindergarten, Schule und Betreuung. Bern: hep Verlag.

  • Lehmhaus, D. & Reiffen-Züger, B. (2025): Spiel und Spielen in der psychodynamischen Kinder- und jugendlichenpsychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer.
Der Beitrag gibt die Sicht der Autorin bzw. des Autors wieder.
Elsbeth Bürgi ist Dozentin am Institut für Weiterbildung und Dienstleistungen der Pädagogischen Hochschule PHBern.

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