Kunst macht glücklich und stark!

5 Gründe für kulturelle Bildung in der Schule

Wenn ich tanze, bin ich glücklich. Auch nach vielen Jahren zeitgenössischem Tanztraining verlasse ich Tanzstunden aufrecht, zufrieden, mit gutem Körpergefühl. Was steckt dahinter? Zu Musik improvisieren, Tanztechnik verfeinern, Choreografien lernen und gestalten, all dies fördert z.B. die Körperwahrnehmung, Merkfähigkeit, Musikalität und Ausdauer. Tanzen in der Gruppe verbindet durch das sich miteinander im Rhythmus bewegen, aufeinander reagieren, kommunizieren, sich spüren. Vor Publikum zu tanzen, erfordert manchmal Mut. Wird der Auftritt mit Applaus honoriert, steigt das Selbstvertrauen.

Meine Begeisterung für die Tanzkunst teile ich mit Studierenden, Lehrpersonen sowie ab und zu mit Schüler*innen. Für welche Kunstform begeistern Sie sich? Haben Sie sich schon überlegt, dies auch in den Unterricht einfliessen zu lassen? Im Folgenden erläutere ich fünf Gründe, warum kulturelle Bildung in den Schulalltag gehört.

1. Erfahrungsräume schaffen

Kunst soll irritieren – im Heizungsraum eine Theaterszene spielen, im Treppenhaus tanzen oder mit Klängen improvisieren, dies sind mögliche künstlerische Interventionen im Schulhaus. Schulische Innen- und Aussenräume bieten zahlreiche Möglichkeiten, Räume neu zu erschliessen, zu bespielen und gemeinsam zu gestalten. Schüler*innen können sich so kreativ mit ihrer gewohnten Lernumgebung auseinandersetzen und Räume umdeuten. Ein solcher Prozess erfordert offene Zeitgefässe wie regelmässig stattfindende Doppellektionen, Halbtage oder Projektwochen. Dies begünstigt laborartiges Experimentieren und Entwickeln beispielsweise von ortsgebundenen Ausstellungen, Theater- oder Tanzszenen. Auch ausserschulische Lernorte, etwa Museen, Theater oder Künstler*innenateliers, eignen sich für ungewöhnliche Raumerfahrungen der Schüler*innen. Sich tanzend in einem Museum bewegen, kann eine neue emotionale Erfahrung sein. Gespräche über diese Erfahrung leisten ihrerseits einen Beitrag zur (Selbst)reflexionsfähigkeit der Beteiligten.

2. Schüler*innen begeistern

Kunst begeistert – wenn Schüler*innen sich mit Alltagssituationen und -phänomenen sowie Themen, die sie interessieren, auseinandersetzen. Sie sind motiviert, wenn sie sowohl thematisch als auch im Prozess mitbestimmen und ihren Fragen nachgehen können. Eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand ermöglicht eigene Kreationen und fördert die musikalische, sprachliche, darstellende Ausdrucksweise. So kann beispielsweise das Thema «Magnetismus» einmal tänzerisch erforscht, erlebt und verstanden werden. Auch ein Museums- oder Theaterbesuch kann beflügeln und zu vertiefter künstlerischer Auseinandersetzung im (Fach)Unterricht inspirieren.

3. Kulturelle Vielfalt ermöglichen

Kunst ermöglicht – Einblicke in verschiedene Kunstsparten und Kulturen. Laden Sie eine*n Künstler*in in Ihren Unterricht ein. Sie*er kann über den Beruf und die Arbeitsweisen als Kunstschaffende berichten. Denkbar ist auch ein Tandem bestehend aus einer Lehrperson und einer kunstschaffenden Person. Sie könnten zusammen mit der Klasse eine künstlerische Aktion oder ein Projekt planen und durchzuführen. Dies erlaubt es Schüler*innen, unbekannte Perspektiven einzunehmen, Neues zu erproben oder Bekanntes zu vertiefen. So kann ein Verständnis für Vielfalt bezüglich Ideen, Lebensweisen, Kunstsparten oder Meinungen gefördert werden. Durch angewandte kunstorientierte Methoden erweitern Schüler*innen zudem ihre Methodenkompetenz.

4. Kreativität und Wissen fördern

Kunst fördert – und fragt nach dem «Was» und «Wie». Was muss ich wissen? Wie gehe ich ein Thema an? Wie bearbeite ich es? Ist ein Thema gesetzt, beginnt der Lernprozess. Dazu gehören z.B. Recherchieren, Experimentieren, Ordnen, Ideen entwickeln und verwerfen, Beobachten, Nachdenken. Weiter stellen sich Fragen nach der künstlerischen Bearbeitung. Eignet sich beispielsweise Malen, Collagieren, Fotografieren, Tanzen oder Musik/Klang, Theaterspiel, Skulpturen herstellen? Erkenntnisse können durch Wissenserwerb und künstlerische Erfahrungen gewonnen werden. Dieser Prozess kann in ein Produkt münden. Möglich sind z.B. Ausstellungen, Aufführungen, Prozessdokumentationen, Texte oder Fotografien. Wenn sich im Verlauf dieses Vorhabens die Arbeitsform von der Einzel- zur Gruppenarbeit ändert, können Wissen und Erfahrungen geteilt sowie reflektiert werden. Schüler*innen erweitern dabei ihr Fachwissen und entwickeln ihre überfachlichen Kompetenzen weiter.

5. "Ich kann etwas" erfahren

Kunst erfahren – den eigenen Ausdruck finden. Menschen haben ein Bedürfnis sich mitzuteilen, sich auszudrücken. Die einen finden ihren Ausdruck im Körper beziehungsweise den darstellenden Künsten, andere in der Musik, der visuellen Kunst oder im Schreiben. Daher ist es wichtig, Schüler*innen vielfältige Gelegenheiten anzubieten, damit sie ihre Ausdrucksform finden und weiterentwickeln können. Einen künstlerischen Prozess durchlaufen, ermöglicht es beispielsweise, sich bewusst wahrzunehmen, mit anderen in Beziehung zu treten, durchzuhalten, wenn es schwierig wird, sich über Erfolge zu freuen und sich darzustellen. Das erfüllt und macht glücklich.

Kulturelle Bildung gehört in den Schulalltag. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zu einer ganzheitlichen Bildung. Wenn wir die Künste als zentralen Lerngegenstand nutzen, werden rationale, emotionale, intellektuelle, kreative, physische, kollaborative Fähigkeiten gleichermassen gefördert sowie fachliche und überfachliche Kompetenzen weiterentwickelt. Mein Wunsch: Kunst für jedes Kind und jede*n Jugendliche*n — Bühne frei für alle!

 

Die PHBern unterstützt Sie mit zahlreichen Angeboten dabei, kulturelle Bildung im Schulalltag zu integrieren.

Tagung zu kultureller Bildung

Am 4. November 2023 bietet Ihnen die Tagung «Schule und Kultur: Wie geht das?» die Möglichkeit, Ihr Netzwerk für künstlerische Schulprojekte zu erweitern, sich auszutauschen und Impulse für die eigene Arbeit mitzunehmen.

Quellen

Liebau, Eckhart: Theatrale Bildung. Produktions- und rezeptionsästhetische Perspektiven der darstellenden Künste. In: Schneider, Wolfgang (Hg.): Theater und Schule. Ein Handbuch zur kulturellen Bildung. Bielefeld 2009, S. 53-63.

Leuschner, Christina; Knoke, Andreas (Hrsg.): Selbst entdecken ist die Kunst. Ästhetische Forschung in der Schule. München 2012.

Der Beitrag gibt die Sicht der Autorin bzw. des Autors wieder.
Regula Nyffeler ist Dozentin am Institut für Weiterbildung und Dienstleistungen der Pädagogischen Hochschule PHBern

Eine Antwort

  1. Liebe Regula

    sehr schöner persönlicher Artikel mit klarer Aufforderung:-)

    würde ihn am liebste als Anhang verschiedenen Lehrerer:innen zukommen lassen…

    Lieber Gruss und bis bald auf einen Drink

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  1. Liebe Regula

    sehr schöner persönlicher Artikel mit klarer Aufforderung:-)

    würde ihn am liebste als Anhang verschiedenen Lehrerer:innen zukommen lassen…

    Lieber Gruss und bis bald auf einen Drink

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