Savoir vivre les langues

Der Französischunterricht in der obligatorischen Schulzeit beschäftigt aktuell viele Eltern, Lehrpersonen und die Politik. Doch warum ist das Erlernen von Fremdsprachen für die Zukunft von Kindern und Jugendlichen relevant?

Die Relevanz von Fremdsprachenunterricht für Kinder und Jugendliche

Das Erlernen von Fremdsprachen ist für Kinder und Jugendliche sowohl auf gesellschaftlicher als auch individueller Ebene von entscheidender Bedeutung. Einige der diversen Gründe, die verdeutlichen, warum Fremdsprachenbildung im Zyklus 2 und 3 nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig ist, werden im Folgenden ausgeführt. 
 

  1. Mehrsprachigkeitsdidaktik weckt Interesse an verschiedenen Sprachen 
    Durch eine gezielte Mehrsprachigkeitsdidaktik können Lehrpersonen das Interesse der Schülerinnen und Schüler an verschiedenen Sprachen fördern. Dies hilft nicht nur, die sprachlichen Fähigkeiten zu erweitern, sondern auch das Bewusstsein für kulturelle Vielfalt – auch innerhalb der Schweiz als multikulturelles Land mit mehreren Amtssprachen – zu schärfen.

  2. Sprachlernstrategien für lebenslanges Lernen 
    Überfachliche Kompetenzen sind im Gegensatz zu Hör- und Leseverstehen sowie Sprechen und Schreiben schlecht messbar. Das Erlernen von Fremdsprachen vermittelt aber nicht nur die Sprache selbst, sondern auch effektive Lernstrategien. Kinder und Jugendliche lernen, wie sie ihre Sprachkenntnisse selbstständig erweitern und anpassen können. Diese Fähigkeiten sind entscheidend für ein lebenslanges Lernen und die persönliche Weiterentwicklung.

  3. Inhaltsorientierung eröffnet neues Weltwissen 
    Durch den Unterricht in Fremdsprachen können Schülerinnen und Schüler Zugang zu einer Vielzahl von Themen und Kulturen erhalten. Inhaltsorientierter Sprachunterricht fördert das Verständnis für globale Zusammenhänge und ermöglicht es den Lernenden, neues Wissen zu erwerben, das über die Sprache selbst hinausgeht. 
    Um das genannte Potenzial des Fremdsprachenunterrichts ausschöpfen zu können, sollte dieser immer an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler anknüpfen. Durch Projekte, die auf ihren Erfahrungen und Interessen basieren, können Schülerinnen und Schüler neue Perspektiven gewinnen. Dies fördert nicht nur das Sprachverständnis, sondern auch die persönliche Identität und das Selbstbewusstsein.

  4. Sprachreflexion und Gesprächstechnik als Kulturtechnik zur Demokratiebildung 
    Das Erlernen von Fremdsprachen fördert nicht nur die sprachlichen Fähigkeiten, sondern auch die Kompetenz zur Reflexion und Gesprächsführung. Die Kinder reflektieren im Unterricht einerseits regelmässig ihren Wissensstand und können andererseits mit Gleichaltrigen Gespräche zu Themen führen, die im Zusammenhang mit den Inhalten des Fremdsprachenunterrichts stehen. Diese Kompetenzen sind essenziell für die Demokratiebildung, da sie den Schülerinnen und Schülern helfen, Meinungen zu formulieren, zuzuhören und respektvoll zu diskutieren. 
     

Wenngleich wir nicht wissen, wie sich KI im Kontext von Fremdsprachenunterricht entwickeln wird, ist bereits jetzt zu beobachten, dass KI-gestützte Tools den Menschen bezüglich Hör- und Leseverstehen zu grossen Teilen ersetzen können. Was jedoch nicht ersetzbar ist, sind Haltungen, Empathie, Verständnis, Verbundenheit und direkte menschliche Kontakte. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir das Füreinander und Miteinander in der Schule fördern und Austausch ermöglichen. 

Anregungen für einen guten Fremdsprachenunterricht

Um den Fremdsprachunterricht effektiv zu gestalten, sind bestimmte Methoden und Ansätze hilfreich. Im Rahmen unseres Weiterbildungsangebots unterstützten wir Lehrpersonen dabei, ihren Unterricht mit Tipps wie den folgenden zu gestalten:

  1. Durchführen eigener Projekte 
    Lassen Sie Kinder und Jugendliche eigene Projekte durchführen, die sie selbst gestalten können. Dies fördert nicht nur die Sprachkenntnisse, sondern auch die Kreativität und das Verantwortungsbewusstsein.

  2. Sprache im Fokus für junge Sprachdetektive und -detektivinnen
    Gestalten Sie den Unterricht so, dass die Schülerinnen und Schüler als „Sprachdetektiv*innen“ agieren. Durch das Entdecken von Mustern und Besonderheiten in der Sprache entwickeln sie ein tieferes Verständnis und Interesse.

  3. Immersive Projekte und Austauschaktivitäten vor Ort oder virtuell
    Nutzen Sie immersive Projekte und bilinguale Unterrichtssequenzen, um das Sprachenlernen in authentische Kontexte zu integrieren. Dies erhöht die Motivation und den Praxisbezug. Klassenaustauschprogramme beispielsweise bieten Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse in realen Situationen anzuwenden und interkulturelle Erfahrungen zu sammeln.

  4. Rituale und Gesprächstechniken anwenden
    Integrieren Sie Rituale und spezifische Gesprächstechniken in den Unterricht, um die Schülerinnen und Schüler dazu zu ermutigen, die Fremdsprache aktiv zu nutzen (z.B. Begrüssungsritual jeden Morgen, Aufräumen zum Tagesschluss nach Anweisung der Lehrperson auf Französisch). Dies verbessert nicht nur die Sprachfertigkeiten, sondern auch die Kommunikationsfähigkeit.

Fazit

Das Erlernen von Fremdsprachen ist für Kinder und Jugendliche von grosser Bedeutung. Durch ein ansprechendes und effektives Unterrichtsangebot können Lehrpersonen nicht nur die sprachlichen, sondern auch die kulturellen Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler entscheidend fördern. Nutzen Sie die Möglichkeit, sich mithilfe unseres Weiterbildungsangebots weiterzubilden und Ihre Fähigkeiten im Fremdsprachenunterricht zu stärken! 

Infobox

Alle Kursangebote zum Thema finden Sie in der Weiterbildungssuche der PHBern. 

Nationaler Bericht zur Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen (ÜGK) 2023, Sprachen 11. Schuljahr: ein Beitrag zum Schweizer Bildungsmonitoring» .

Im Mai 2025 veröffentlichte die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) den «Nationalen Bericht zur Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen (ÜGK) 2023, Sprachen 11. Schuljahr: ein Beitrag zum Schweizer Bildungsmonitoring»[1].

Die Kompetenztests umfassten dabei jeweils einen Ausschnitt aus den nationalen Bildungszielen für den jeweiligen Fachbereich[2]. In der zweiten und dritten Fremdsprache (L2/L3) wurden dabei die Kompetenzbereiche Leseverstehen und Hörverstehen am Ende der obligatorischen Schulzeit überprüft. Die Daten der ÜGK bieten den Kantonen die Möglichkeit Vertiefungsanalysen vorzunehmen.

Die Ergebnisse zeigen, dass im Kanton Bern im Fach Französisch (L2) im Leserverstehen 54% und im Hörverstehen 67% aller Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen erreichen. Im Englisch (L3) sind es 80% resp. 90%. Im Vergleich zu anderen Kantonen schneiden die Schülerinnen und Schüler des Kantons Bern leicht besser ab.

Die Reaktionen von Verantwortlichen im Umfeld der Schule zeigen, dass in Bezug auf den Erwerb der Fremdsprache Französisch (L2) diese Ergebnisse nicht befriedigen.

[1] https://www.edk.ch/de/themen/harmos/nationale-bildungsziele/ergebnisse-der-erhebung-2023

[2] https://www.edk.ch/de/themen/harmos/nationale-bildungsziele

Der Beitrag gibt die Sicht der Autorin bzw. des Autors wieder.
Urs Weibel ist Dozent am Institut für Weiterbildung und Dienstleistungen der Pädagogischen Hochschule PHBern.

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